Laboransatz
Meine Arbeit als Regisseur und Bühnenbildner hat mir oft gezeigt, wie wenig Zeit wir innerhalb von Produktionsabläufen hatten, uns mit der Weiterentwicklung unserer Werkzeuge zu beschäftigen. Die Arbeit im Kunstbetrieb bleibt trotzdem auch ein Gelderwerb, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Wann konnte man schon aus den Produktionszwängen aussteigen, um sich der eigenen Weiterentwicklung zu widmen? Deshalb bin ich dankbar für die Fördermöglichkeiten, die vor dem Hintergrund zukünftiger digitaler Entwicklungen im Theater und in der Kunst generell notwendig geworden sind.
Mein langzeitliches Vorhaben ist die Schaffung eines Labors für „plastisches Denken“, welches Künstler*innen die Möglichkeit gibt, sich mit digitalen Techniken auseinanderzusetzen und darin experimentell zu schulen, sowie Darsteller*innen einen experimentellen Erstkontakt mit digitalen Formaten der darstellenden Kunst zu ermöglichen. Die Erarbeitung von Raummodellen im 3D Format sind dabei genauso Gegenstand der Erforschung, wie die Übertragung nichtlinearer Theaterinhalte in analoge und digitale Steuerungsmodelle für Bühne und Internet.
Aus der Recherche auf den Gebieten der Kybernetik und der notwendigen Selbstbefähigung im Bereich der Softwareentwicklung und Nutzung, werden in diesem Jahr die Grundlagen dafür geschaffen, einen Raum zu entwerfen, welcher sich mit Hilfe des Konzepts des „plastischen Denkens“ selbstorganisiert entwickeln soll und in Zukunft natürlich auch die praktische experimentelle Arbeit der Öffentlichkeit präsentieren wird.
Der Einsatz von digitalen Werkzeugen, oder der Technik an sich, geht aber immer auch einher mit der Frage nach einem sinnvollen Einsatz in Bezug auf inhaltliche Entwicklungen. Die Frage nach der Digitalisierung in der Kunst schließt also die Frage nach den Inhalten, die damit verknüpft sind mit ein. Das ist eine Auseinandersetzung, die ich mir nur im Dialog mit anderen Künstler*innen und Wissenschaftler*innen vorstellen kann. Zu diesem Zweck werden Dozent*innen eingeladen, die in Seminarform mit uns in die Diskussion gehen. Dabei geht es um kritische Überprüfung der inhaltlichen Ansätze, aber auch um Inspiration und Austausch zum Thema der Kybernetik im Theatermodell. Das Kunstlabor plastisches Denken sollte ein Kommunikationsort sein, indem man kritisch hinterfragt, Gedanken und Zwischenergebnisse austauscht und auch scheitern darf. Gerade das Fehlen von Produktionsdruck macht diese Auseinandersetzung so sinnvoll.
Die Forschung wird dabei nicht auf das Theater beschränkt. Das Format der Präsentation hängt ganz von den Inhalten und Ideen der Künstler ab. Digitale Kunst ist inzwischen ein weites Feld und war durch das Internet schon lange in der Lage neue Präsentationsformen für sich zu entwickeln und zu nutzen.
Ob also als Installation in einer Ausstellung oder auf einer Internetplattform, ob als Bild oder Performance, als Szene oder Applikation, die digitalisierte Kunst benötigt andere Produktionsvoraussetzungen, als der analoge Probenraum im Theater. Das Labor soll sich als fester Ort in Berlin manifestieren und den Bedürfnissen seiner Künstler*innen Rechnung tragen und sich auf diese Weise weiterentwickeln.